“Austausche der Lernenden Euregio erzeugen eine Dynamik“
Was ist der Mehrwert für Lehrer und Berufsschüler, wenn sie an euregionalen Austauschen der Lernenden Euregio teilnehmen? Das ist eine Frage, die wir deutschen und niederländischen Lehrern der Berufsschulen während des Plattformtreffens Einzelhandel der Lernenden Euregio gestellt haben. „Ich mache mit, weil ich sehe was es bei meinen Schülern bewirkt.“
Grenzen durchbrechen und Freundschaften aufbauen
Herr Hermsen hat 2017 mit drei Schülern das erste Mal an den euregionalen Verkäuferwettbewerb der Lernenden Euregio teilgenommen, „um zu erkunden, wie so einen Wettbewerb funktioniert.“ Herr Hermsen ist Lehrer in der Berufsausbildung für Junior Accountmanager am niederländischen ROC Koning Willem I, bei welchem das Unternehmertum auf beiden Seiten der Grenze ein wichtiges Lehrziel ist. Was hat er von diesem Wettbewerb gehalten? „Das Halbfinale war ein zweitägiges Erlebnis an einem besonderen Ort in Kalkar. Die Mahlzeiten und die Übernachtungen, ein eigenes Zimmer, Verpflegung war all-inclusive. Es war schön, dass ich das nicht organisieren musste. Die Schüler hatten ein ‚Aha Erlebnis‘, als sie bemerkten, dass es nicht notwendig war deutsch oder niederländisch zu sprechen, um einander zu verstehen. Das hat mir persönlich gut gefallen. Es handelte sich nicht nur um das Verkaufen, aber auch um den sozialen Kontakt. Die Schüler haben bemerkt, dass deutsche Jugendliche nicht anders sind als sie, dass sie zum Beispiel die gleichen Interessen haben. Und ich habe für mich auch nach dem Wettbewerb bemerkt, dass ich eine stärkere Beziehung mit meinen Schülern bekommen habe.“
Herr Waumans, Lehrer für Deutsch und Niederländisch am Hans-Böckler-Berufskolleg in Oberhausen, nimmt bereits seit sieben Jahren an Austauschprojekten der Lernenden Euregio teil. Er hat viele Erfahrungen mit Mobilitäten (einmalige Austausche, Red.) und Tandems (längere Austausche, Red.) sammeln können. Aus einer Mobilität entsteht oft von sich aus ein Tandem, hat er bemerkt. So ist auch aus einer früheren Mobilität, an der insgesamt fünfzig Schüler des HBBK und des ROC Nimwegen teilnahmen, mittlerweile ein Tandem geworden. „Im Mai haben die deutschen und niederländischen Schüler sich bei einem 2-tägigen Projekt in den Niederlanden kennen gelernt. Als sie sich dann im Dezember für das Folgeprojekt in Deutschland wiedersahen, umarmten sie sich. In der Zwischenzeit hatten einige Schüler sich schon zweimal in Deutschland und während der Sommerfeste in Nimwegen getroffen. Daraus ist eine echte Freundschaft gewachsen!“ Mit glänzenden Augen: „Als ich das sah, war mir klar, dass dies der Grund ist, warum ich mitmache. Bei diesen Austauschen lernen sie andere Kulturen kennen, sie lernen, wie man sich auch mit wenigen Worten verständigen kann, die Schülerinnen und Schüler bekommen sowohl Theorie als auch Praxis vermittelt und es entstehen Freundschaften.“
Vorurteile
Frau Kleinsorgen, Lehrerin Handelsprojekte am Berufskolleg Neuss, war von Anfang an bei dem jährlichen, euregionalen Verkäuferwettbewerb involviert. Sie sah einen ähnlichen Verkäuferwettbewerb in Österreich. Es hat ihr so gut gefallen, dass sie es in kleinem Umfang an ihrer Schule organisiert hat. Auf der ersten Plattform Einzelhandel der Lernenden Euregio hat sie diese Idee vorgestellt und so hat vor fünf Jahren der euregionale Wettbewerb angefangen. In 2017 haben sechs ROCs und fünfzehn Berufskollegs mit insgesamt sechzig Verkaufstalenten teilgenommen. Die Teilnehmerzahlen wachsen jedes Jahr. „Bei der Lernenden Euregio ist der Wettbewerb jedes Jahr professioneller geworden. Sie haben es gut vorbereitet, weil sie erst ein zweitägiges Halbfinale mit einem Verkaufstraining organisieren. Das Finale findet anschließend in der Stadthalle in Kleve statt, mit einer großen Bühne, einer Leinwand, Tontechniker und einer professionellen Jury.“ Die Lehrerin hat bemerkt, dass ihre Schüler während des Wettbewerbes meistens zum ersten Mal Kontakt mit Niederländern haben. „Jedes Mal sehe ich, wie die anfängliche Zurückhaltung wegen der neuen Situationen und gegenüber einer fremden Sprache verschwinden. Dadurch, dass sie tagsüber mit einem niederländischen Schüler zusammenarbeiten und abends einander in entspannterer Atmosphäre kennenlernen, bemerken sie, dass ihre Vorurteile gegenüber niederländischen Jugendlichen nicht stimmen. Für mich als Lehrerin ist das ein wichtiger Grund mitzumachen.“
Neue Pläne
In diesem Moment entwickelt Herr Van de Kamp eine digitale Lehrmethode für deutsche und niederländische Verkaufsgespräche. Der Lehrer vom ROC Graafschap College in Doetinchem hat seine Idee auf der Plattform Einzelhandel vorgestellt, um diese Lehrmethode mit anderen Schulen gemeinsam zu entwickeln. Die Idee ist durch den euregionalen Verkäuferwettbewerb entstanden. Schon sieben Jahre ist er aktiv bei Mobilitäten, Tandems und Verkäuferwettbewerben der Lernenden Euregio. „Ich sehe, dass es funktioniert. Es freut die Schüler.“ sagt er. “Die Lernende Euregio hat eine gute Finanzierung mit flexiblen Bedingungen. So passiert wirklich etwas.“ Er hat mit verschiedenen Berufskollegs zusammen gearbeitet, darunter BK Bocholt, Borken und Datteln. „Mit deutschen Lehrern haben sich Freundschaften gebildet. Ich lerne viel, wenn ich mit ihnen mitgehe in der Schule und die Unterschiede zwischen niederländischen und deutschen Unterricht sehe. Zum Beispiel, wie die Prüfungen in Deutschland in Betrieben stattfinden. Das motiviert mich neue Pläne zu machen.“ Haben die Austausche der Lernenden Euregio sich die letzte sieben Jahre geändert? „Es läuft alles sehr gut. Die Qualität des Verkäuferwettbewerbes ist gestiegen, weil wir immerzu evaluieren und das Konzept immerzu verbessern. Die Lernende Euregio sorgt für eine effiziente Organisation und ich bemerke, dass die Zufriedenheit unserer Schüler sehr hoch ist. Sie sagen, dass sie während des Halbfinales mehr lernen als in einem Jahr auf der Schule.“ Insbesondere findet er es wichtig zu sehen, dass Grenzen durchbrochen werden. „Die Schüler bemerken, dass die Sprache keine Behinderung ist. Darüber reden sie auch zu Hause. Deutschland ist plötzlich nicht mehr so weit weg. Die Austausche der Lernenden Euregio haben deshalb eine Art Schmetterlingseffekt. Das ist für mich der größte Mehrwert.“
Anderes Mindset
Haben die Schüler sich bei der Erfahrung eines euregionalen Austausches zwischen den Niederlanden und Deutschland geändert? Herr Hermsen: „Sie bekommen ein anderes Mindset. Sie haben jetzt mehr Selbstvertrauen. Nach dem Wettbewerb ist die Hemmschwelle gegenüber Unbekanntem niedriger geworden. In der Schule habe ich bemerkt, dass sie jetzt offener gegenüber anderen sind. Sie nehmen schneller Kontakt mit Schülern aus anderen Ausbildungen auf. Sie versuchen mehr zu entdecken und sind neugieriger. Dieses Jahr nehmen wir mit fünf Schülern an dem Verkäuferwettbewerb teil.“ Auch Frau Kleinsorgen sieht, dass es den Horizont ihrer Schüler erweitert hat: „Zuerst kam es nicht in Frage, auch nur über Arbeiten oder Studieren in der Niederlanden nachzudenken. Jetzt schon.”
Würden die Lehrer auch anderen Lehrern empfehlen an Austauschen der Lernenden Euregio teilzunehmen? Herr Waumans: „Definitiv, aber es ist wichtig, dass die Schulleitung berücksichtigt, dass ein Lehrer viel Zeit für die Vorbereitung braucht. Besonders, wenn es ein neues Austauschprogramm betrifft. Aber wenn ich sehe, wie meine Schüler die niederländischen Schüler umarmen, wenn sie sich wieder treffen, denke ich: das ist es wert.“
Auteur: Anoushka van Bemmel